Wie teuer Wohnen wirklich ist – Ein Blick hinter die Mietbelastungsquote

Wer heute über Wohnkosten spricht, landet schnell bei einem bekannten Maßstab: der Mietbelastungsquote, also dem Anteil des Nettoeinkommens, der für die Miete ausgegeben wird. In Leipzig sind es rund 24,5 %, in München etwa 30,5 % laut Mikrozensus 2022. Auf den ersten Blick scheint klar: Münchener Haushalte leiden stärker unter hohen Mietkosten. Doch dieser Eindruck trügt – vor allem, wenn man den Blick auf das legt, was wirklich zählt: das Nettoäquivalenz‑Resteinkommen – also was jede Person in einem Haushalt nach Abzug der Miete tatsächlich zum Leben bleibt.

Nicht die Quote allein entscheidet

Die Mietbelastungsquote mag auf gesellschaftlicher Ebene ein nützlicher Richtwert sein – aber sie vergisst, dass Einkommen und Ausgaben unterschiedlich verteilt sind und insbesondere, wie hoch die Lebenshaltungskosten tatsächlich sind. Was 30 % Miete bei einem Haushalt mit hohem Einkommen bedeutet, ist etwas ganz anderes als bei einem niedrigen Einkommen. Etwa 30 % von 2.500 € sind noch ein komfortableres Leben möglich als 30 % von 1.900 €, bei denen das verfügbare Budget nach Abzug der Miete drastisch geringer ausfällt.

Leipziger Studien zeigen: Obwohl die Mietbelastungsquote dort moderat oder sogar leicht sinkend ist, leben besonders Haushalte mit geringem Einkommen zunehmend im finanziellen Druck. Denn wenn Einkommen nominal kaum steigen oder gar sinken, während gleichzeitig Lebenshaltungskosten steigen – für Energie, Lebensmittel, Mobilität –, schmilzt das, was nach der Miete bleibt, schneller dahin, als dass eine Quote dies abbilden kann.

Das Nettoäquivalenz‑Resteinkommen bringt Klarheit

Ein Blick auf Zahlen: In München liegt das mittlere Nettoäquivalenz‑Resteinkommen bei etwa 1.667 €/Monat, in Leipzig dagegen bei rund 1.250 €/Monat. Diese Differenz betrifft jede einzelne Person im Haushalt – Erwachsene wie Kinder. Trotz niedrigerer Mietbelastungsquote in Leipzig bleibt also deutlich weniger übrig. Und da Lebenshaltungskosten außerhalb der großen Mietposten sich nicht so stark unterscheiden wie Einkommen, zeigt sich, wie tief die sozialen Unterschiede wirklich sind.

Dieses Resteinkommen ist mehr als eine Rechenformel – es ist ein Maßstab für Lebensqualität. Es deckt auf, wer noch genug Spielraum für Ernährung, Gesundheit, Bildung und Teilhabe hat – und wer kaum über die Runden kommt. Wer kein Resteinkommen hat, der wohnt faktisch über der Armutsgrenze, auch wenn die Mietbelastungsquote formal „unten“ oder „mittel“ liegt.

Warum die Politik umdenken sollte

Gesetzgeber und Stadtverwaltungen orientieren sich derzeit stark an der Mietbelastungsquote – bei Mietpreisbremse, Kappungsgrenze oder der Bewertung „angespannter Wohnungsmärkte“. Doch Maßstäbe, die nur relative Anteile messen, greifen zu kurz. Es braucht Indikatoren, die reale Lebensverhältnisse abbilden: Wie viel bleibt nach Miete und anderen Fixkosten? Wie verändern sich reale Einkommen durch Inflation? Wer muss sparen, verzichtet, schiebt Ausgaben vor sich her?

Für Akteure wie Dahrendoff Immobilien ist klar: Beratung, Marktanalysen, Wertermittlung müssen sensibel sein für diese Realität. Es geht nicht nur darum, wie viel Miete angemessen ist – sondern ob sich Wohnen auch wirklich leisten lässt. Nur so lässt sich Wohnungsnot wirksam bekämpfen, soziale Ungleichheit nachhaltig angehen.

Wenn wir messen, sollten wir das wahre Maß anlegen: Nicht allein, wie viel Menschen zahlen – sondern wie viel sie nach dem Bezahlen übrig haben.

Quelle: https://www.focus.de/immobilien/30-prozent-fuers-wohnen-ausgeben-diese-quote-beluegt-millionen-mieter_46082d3a-2019-4f55-9723-c58c0282de43.html